UfU Informationen | Ausgabe 12 – Juli 2024 | Alina Beigang

Der Kommunal-O-Mat

Anknüpfungspunkt für junge Menschen an Kommunalpolitik in Halle (Saale) durch interaktives Tool

Im Projekt RevierUPRGRADE ist in Zusammenarbeit mit dem Kinder- und Jugendrat sowie weiteren Jugendlichen der Stadt Halle (Saale) ein jugendspezifischer Kommunal-O-Mat als Wahlkompass entstanden.

In demokratischen Systemen sind Wahlen ein wichtiges Instrument in Bezug auf Repräsentation, Legitimität und politische Teilhabe. Im Jahr 2024 stehen nicht nur Europa-, sondern in einigen Bundesländern auch Landtagswahlen sowie Kommunalwahlen an. In Sachsen-Anhalt, in dem das UfU mit dem Zweigbüro in Halle (Saale) engagiert ist, sind am 09.06. Menschen ab 16 Jahren neben der Europawahl auch zur Kommunalwahl aufgerufen. Zur Orientierung für junge Menschen wurde nun ein tool entwickelt, welches frei online verfügbar ist: www.kinder-jugendrat-halle.de/kommunal-o-mat/

Jugend und Kommunalpolitik – zwischen beiden scheint ein Stück weit eine Kluft zu bestehen. Junge Menschen stellen die Altersgruppe dar, welche im Durchschnitt die niedrigste Wahlbeteiligung aufweist.[1] Häufig ist zu beobachten, dass sich auch nur wenige junge Kandidat*innen zur Wahl aufstellen lassen. Zudem ist die Wahlbeteiligung generell gerade auf der kommunalen Ebene häufig besonders niedrig, im Jahr 2021 lag sie in Sachsen-Anhalt beispielsweise bei durchschnittlich 60,3%.[2]

Politische Prozesse sind komplex. Sind junge Leute mit diesen häufig – auch im Angesicht von persönlichen sowie globalen Herausforderungen – überfordert? Oder liegt die niedrige Wahlbeteiligung daran, dass die Fragen und Entscheidungen auf kommunaler Ebene für junge Menschen weniger relevant sind oder ihnen nicht relevant erscheinen? Wirken die Prozesse auf junge Leute verstaubt und wenig attraktiv? Oder mangelt es etwa an politischer Bildung, Zugangspunkten und Übersetzungen zu den Themen?

Ein Werkzeug, um komplexe Wahlprogramme handhabbar zu machen, ist der bekannte „Wahl-O-Mat“. Dieser wird von der Bundeszentrale für politische Bildung jeweils für anstehende Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen als Wahlentscheidungshilfe angeboten.

Für die kommunale Ebene gibt es dafür kein zentrales tool.

Wie kann eine Orientierung für kommunale Wahlentscheidungen umgesetzt werden – gerade für junge Menschen? Und insbesondere mit Fragen, die junge Leute ganz konkret vor Ort in Halle (Saale) umtreiben? Aus der Identifikation dieser Lücke heraus hat sich für uns die Motivation ergeben, den jugendspezifischen Kommunal-o-Mat für Halle zu entwickeln.

Was ist der Kommunal-o-Mat?

Mithilfe des Kommunal-o-Mats können Interessierte Fragen beantworten und bekommen die Übereinstimmung ihrer Positionen gegenüber der Positionen der Parteien und Wählergruppen berechnet. Die Antworten können einer Wahlentscheidung helfen, sollen aber keine endgültige Entscheidung ersetzen.

Wie ist der Kommunal-o-Mat entstanden?

Mit dem Kinder- und Jugendrat und weiteren hallenser Jugendlichen fand sich eine passende Kooperation zur gemeinsamen Umsetzung des Projektes. In kleinen Workshops mit dem Kinder- und Jugendrat selbst sowie dem Stadtschülerrat wurden Anliegen und Fragen an die Kommunalpolitik gesammelt. Darüber hinaus gab es einen offenen Aufruf via Instagram und freie Zusendungen aus Jugendclubs.

Im Anschluss wurden die Fragen teilweise in den Formulierungen angepasst bzw. zugespitzt, sowie durch die jungen Menschen priorisiert. Denn die gesamte Liste an Fragen war deutlich länger, als es in einem solchen tool gut handhabbar wäre. Der finale Fragenkatalog wurde dann vor einigen Wochen allen antretenden Parteien und Wählergruppen mit der Bitte um Beantwortung zugesandt. Bis auf drei Parteien bzw. Kandidaten sandten letztlich 10 Parteien bzw. Wählergruppen ihre Positionen ein, sodass die Die Linke, CDU, Bündnis 90/Grüne, SPD, Hauptsache Halle, FDP, MitBürger, Die Partei, dieBasis und Volt im tool mitabgebildet sind. Genutzt wurde das open source tool Open Election Compass[3].

Vielleicht kann der jugendspezifische Kommunal-o-Mat auf diese Weise ja vielen jungen Hallenser*innen die Kreuz-Entscheidung bei der Kommunalwahl erleichtern oder einfach Lust machen, sich einmal näher mit verschiedenen Themen und Positionen auseinanderzusetzen. Dazu sind vor dem Wahltag auch noch einige Lastenrad-Aktionen geplant, um junge Menschen aufzusuchen, mit ihnen locker ins Gespräch zu kommen und den Kommunal-o-Mat vorzustellen. Möglicherweise kann der Kommunal-O-Mat auch als Vorbild für weitere Kommunen dienen, Fragen junger Menschen mehr in den Vordergrund zu rücken und Zugänge zu erleichtern.

Der vertritt die Interessen der halleschen Kinder und Jugendlichen gegenüber der Politik und der Verwaltung und ist als offizielles Vertretungsgremium vom Stadtrat anerkannt. Das Projekt RevierUPGRADE vom Unabhängigen Institut für Umweltfragen und der BUNDjugend setzt sich für Jugendbeteiligung bei einem sozial-ökologischen Strukturwandel in Ostdeutschland ein und wird gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz im Rahmen des Förderprogramms Kommunale Modellvorhaben zur Umsetzung der ökologischen Nachhaltigkeitsziele in Strukturwandelregionen (KoMoNa).

[1] https://www.demografie-portal.de/DE/Fakten/wahlbeteiligung.html

[2] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/3179/umfrage/wahlbeteiligung-bei-den-landtagswahlen-in-sachsen-anhalt-seit-1990/

[3] https://open-election-compass.com/