Konzepte der Regionalentwicklung bei Großprojekten im nationalen und internationalen Vergleich – Lehren für das Standortauswahlverfahren (KoRegio)

Das Standortauswahlverfahren hat das Ziel, für die verursachten hochradioaktiven Abfälle einen Endlagerstandort in Deutschland zu finden, der die bestmögliche Sicherheit für mindestens eine Million Jahre gewährleistet. Das Standortauswahlgesetz (StandAG) regelt die einzelnen Verfahrensschritte für eine wissenschaftsbasierte, partizipative und transparente Suche und Auswahl eines Standorts.

Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) beaufsichtigt die Standortsuche und ist für die Beteiligung der Öffentlichkeit zuständig. Es schafft die Grundlagen und Rahmenbedingungen dafür, wie die Bürgerinnen und Bürger als Mitgestalter des Verfahrens über formelle und informelle Beteiligungsverfahren in die Standortsuche einbezogen werden. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) hat als Vorhabenträgerin nach dem StandAG die Aufgabe, ein Endlager für hochradioaktive Abfallstoffe zu suchen, zu errichten und zu betreiben.

Im Standortauswahlverfahren sollen Konzepte zur Förderung der Regionalentwicklung in den potenziellen Standortregionen erarbeitet und sukzessive umgesetzt werden. Mit diesem Ansatz sollen mögliche Belastungen sowie Potenziale, die mit der Errichtung eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle vor Ort einhergehen können, ausgeglichen bzw. gefördert werden, um die Resilienz und Robustheit der Regionen zu sichern. Das Standortauswahlverfahren verläuft in drei Phasen:

Phase 1: Tiefengeologische Untersuchungen und Bestimmung von Teilgebieten,

Phase 2: Geowissenschaftliche Sicherheitsuntersuchungen, Festlegung mehrerer potenzieller Standortregionen, Einrichtung von Regionalkonferenzen in den Standortregionen und übertägige Untersuchungen,

Phase 3: Untertägige Erkundung und Standortentscheidung basierend auf Ergebnissen des Beteiligungsverfahrens und der Sicherheitsuntersuchungen.

Das BASE bereitet die Regionalkonferenzen vor, welche das zentrale Instrument der regionalen Partizipation im Standortauswahlverfahren darstellen. Mit Benennung der Standortregionen beginnen die Regionalkonferenzen ihre Arbeit und  erstellen u. a. mit umfassender Bürger:innenbeteiligung Regionalentwicklungskonzepte, die ggf. auch in der Standortvereinbarung eine Rolle spielen könnten.  Zudem führt die BGE in den potenziellen Standortregionen sozioökonomische Potenzialanalysen (SÖPA) durch, zu denen wiederum die Regionalkonferenzen Stellung nehmen können und die damit einen ersten Orientierungsrahmen für passende Regionalkonzepte bereitstellen. Ziel dieser verschiedenen Verfahrenselemente ist es, die Regionalentwicklung in den Standortregionen basierend auf sozioökonomischen Aspekten passgenau auszurichten, um die Zustimmung zu einem möglichen Endlagerstandort durch ein faires Verfahren und Kompensationen zu erreichen.

Bisher fehlen in sozioökonomischen Analysen im Rahmen von Großprojekten die Einbeziehung von kulturhistorischen Spezifika und Bedarfen vor Ort, da überwiegend makroökonomische Modellierungen fokussiert werden. Dies führt regelmäßig auch zu mangelnder lokaler Zustimmung zur konkreten Umsetzung von Infrastrukturvorhaben.

An dieser Stelle setzt das Forschungsvorhaben an. Das Projekt analysiert systematisch nationale und internationale Beispiele der Endlagersuche und anderer raumbedeutsamer Großprojekte im Hinblick auf mögliche Erwartungen an und Erfahrungen mit sozioökonomischen Untersuchungen und deren Integration in ganzheitliche Konzepte zur Förderung der Regionalentwicklung. Die Ergebnisse können dann auf das deutsche Standortauswahlverfahren übertragen werden.

Auf der Basis einer Literaturstudie, mehrerer Fallstudien und eines transdisziplinären Reflexionsworkshops soll herausgearbeitet werden,

  • in welchen unterschiedlichen Dimensionen Regionalentwicklung gedacht werden kann,
  • welche Methodik und Indikatoren der Regionalentwicklung verwendet werden sollten, auch um die Vergleichbarkeit zwischen den Regionen zu gewährleisten,
  • welche konkreten Arbeitsschritte vor Beginn und begleitend zu den Regionalkonferenzen durchgeführt werden sollten, auch um dem zu erwartenden Beteiligungsinteresse gerecht zu werden,
  • welche Kategorien von unterschiedlichen Potenzialen der Region untersucht werden sollten und
  • welche Daten dazu erhoben werden können.

Laufzeit
07/2024 – 03/2026

Förderkennzeichen
4724F10002

Gefördert durch
Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE)

Kooperationspartner
Öko-Institut e. V.

Kontakt
Franziska Sperfeld
Dr. Michael Zschiesche
Theresa Seidel
Katharina Reimann